Autor: Michael Grein | Date: 11.06.2014
Zwar haben sich schwimmende zementäre Estrichkonstruktionen in den letzten Jahren auch auf Grund ihrer schalldämmenden Wirkung und soliden Bauweise bewährt und finden daher insbesondere für Neubauobjekte bzw. Sanierungsobjekte maßgebliche Verwendung. Jedoch treten ebenso gehäuft massive Mängel/ Schäden auf die auf das negative Zusammenwirken der Eigenart des Bindemittels Zement und zum Anderen auf die Nichteinhaltung maßgeb-licher Richtlinien und Arbeitsabläufe zurück zu führen sind.
So auch in einem Alters-/ Pflegeheim im Raum Heidelberg, in dem im Zuge von Sanierungs- und Neubaumaßnahmen Herstellung und Einbau von insgesamt ca. 4500qm trocknungsbe-schleunigtem Estrich (Zementestrich DIN EN 13813 CT – C35 – F5, d=60mm, Polyethylenfolie 0,2mm, Trittschalldämmung Steinwolle -DIN EN 13162-035-DES-sh d=15-5mm, dynamische Steifigkeit SD=30MN/m³) im Zeitraum Herbst/ Winter 2010/ Januar 2011 erfolgten, mit abschließender Applizierung von Fliesen/ Platten und Naturstein.
Ca. 2 Jahre nach vollständiger Inbetriebnahme des Pflegeheims, wurden die ersten Mängel in Form von Randabsenkungen der Fußbodenkonstruktion und Rissbildungen gegenüber den Unternehmern/ Auftragnehmern Estricharbeiten und Fliesen-/ Plattenarbeiten gerügt.
Erste Inaugenscheinnahmen und Begehungen der besagten Flächen durch beteiligte Parteien blieben nachhaltig erfolglos. Sodann wurde der Verfasser dieses Beitrages im Sommer 2013 als Schiedsgutachter beauftragt die Schadensursachenforschungen und Beweissicherungen zu betreiben.
Bereits beim ersten gutachtlichen Ortstermin konnte das Ausmaß der erheblichen Randabsenkungen mit einhergehenden Abrissen der Fugen zwischen Sockel und Fliesen und die Bedenken zum Thema Hygienevorschriften konstatiert werden. Da sowohl die besonderen und erhöhten Anforderungen an die Hygiene und auch die maschinelle tägliche und wirksame Reinigung/ Sterilisation der Fußbodenflächen gewährleistet sein müssen wird schnell klar, welches Ausmaß derartige Absenkung allein für die vorgenannten Hygienemaßnahmen darstellt. Die notwendige Vorgehensweise zur Ursachenforschung der Schäden/ Mängel beruhte unter Anderem zunächst auf den maßgeblichen Eignungsprüfungen bezüglich Estrichqualität, Konstruktionsaufbau, Mischungsverhältnis und Festigkeitsprüfung, dies wird wie folgt definiert:
Zerstörende Bauteilöffnungen mit Probenentnahmen für weiterführende, labortechnische Überprüfungen/ Untersuchungen (10Stück Plattenentnahmen – Estrich-Bestätigungs-prüfungen (je ca. 40x60cm) und 10Stück Estrich-Bohrungen/ Bohrkerne d= ca. 120mm).
Im Zuge und in Erfüllung des Gutachterauftrags, wurden die 10Platten an eine Materialprüfungsanstalt übergeben.
Estrich-Bestätigungsprüfung nach DIN 18560-2 Die vereinbarungs-/ vertragsgemäßen Mindestwerte in N/mm des vorliegenden Zementestrichs der Festigkeitsklasse F5 liegt bei >=3,5 N/mm.
Festgestellt wurde, dass insgesamt 3 Estrichplatten nicht den notwendigen Werten bezüglich Bestätigungsüberprüfung Stand hielten (Werte zw. ca. 2-3 N/mm) und somit nicht den vertraglichen Vereinbarungen und nicht der vorgelegten Norm entsprechen. Insgesamt kann, bezogen auf die abgegrenzten Entnahmebereiche ausgesagt werden, dass die mangelhaft vorliegenden Estrichqualitäten ca. 30% der Gesamtestrichflächen betreffen.
Die Ergebnisse waren zum Einen verheerend dahingehend, dass ca. 1/3 der Proben-entnahmeplatten nicht der geforderten Güte entsprachen und im Weiteren derart unterschiedliche Schichtdicken aufwiesen, dass diese somit ohnehin nicht der geschuldeten Qualität und Leistung entsprechen konnten.
Vereinzelte Flächenbereiche wurden mit Fußbodenheizungssystemen hergestellt, Untergründe Stahlbeton, Konstruktionshöhe ca.75mm inkl. Trittschalldämmung, Estrichdicke ca. 60mm.
Es wurden zusätzlich und abschnittsweise unterschiedliche Schichtdicken und Konstruktionsmaterialien verwendet.
Aufheizprotokolle, CM-Messberichte, Bedenkenanmeldungen usw. wurden zu keinem Zeitpunkt vorgelegt bzw. erstellt.
Die Gewerkarbeiten zur Estrichverlegung vor den jeweiligen Aufzugbereichen wurden zeitlich abgegrenzt nach der Estrich-Gesamtflächenverlegung der Restflächen ausgeführt.
Zu den insgesamt 5 Ortsterminen wurden in den insgesamt 5Ebenen jeweils Randabsenkungen der Fußbodenkonstruktion mit einhergehenden Fugenabrissen von bis zu ca. 15mm festgestellt.
Die Auftragnehmer/ Unternehmer Estricharbeiten setzten Trocknungsbeschleuniger (von Hand/ manuell gemischt) in allen Etagen ein. Ein exaktes Mischungsverhältnis konnte folgerichtig nicht wiedergegeben werden.
Weiterhin wurde festgestellt, dass durch frühzeitige Applizierung der Fliesen/ Platten …
VOB Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV)Fliesen- u. Plattenarbeiten - DIN 18352.
Im Rahmen der durchgeführten Ursachenforschung und Lokalisierung der hier mängelgerügten und vorliegenden Erscheinungsbilder/ Schadensbilder bleibt zu fixieren, dass die Fußbodenkonstruktionen/ Lastverteilungsschichten großflächige Randabsenkungen mit buckelartigen Aufwölbungen zur Raummitte hin aufweisen, während die Estrichränder angrenzend der Raumfugen/ Randfugen abgesenkt vorliegen.
Die hierbei entstandenen Rissverläufe entstehen im Regelfall erst nach den Randabsenkungen und sind bereits an diesen Stellen durch Spannungsanhäufungen oder aber auch durch Einschnürungen zu erklären.
Die im Rahmen der Beweisicherungen durchgeführten Feuchtigkeitsüberprüfungen innerhalb dieser hier in Rede stehenden Fußbodenkonstruktionen –
Ein direkter Zusammenhang in Form von Randabsenkungen mit der jeweiligen Tragfähigkeit des eingesetzten/ verwendeten Dämmsystems ist weiterhin auszuschließen, da die hier vorliegend verzeichneten Randabsenkungen gleichgelagert unter belasteten, als auch unbelasteten Flächenabschnitten vorgefunden wurden, im weiteren keinerlei gepresste/ beschädigte Dämmsysteme konstatiert werden konnten. Auch die Zusammendrückbarkeit der Dämmschichten ist für die vorliegende Erscheinungsform nicht verantwortlich zu machen.
Ob und inwieweit der Auftragnehmer/ Unternehmer Fliesen-/ Plattenarbeiten mit der im Verkehr üblichen Sorgfalt und der im Rahmen einer Abnahme Prüfungen des Vorgewerkes Estrich durchgeführt hat, konnte hier nicht mehr nachvollzogen werden. Fest steht, dass im Zuge der Einhaltung der Prüfungs-, Sorgfalts- u. Hinweispflicht entsprechende Überprüfungen der Lastverteilungsschichten vor der Fliesen-/ Plattenverlegung hätten durchgeführt werden müssen.
In die Gesamtbeurteilung muss einbezogen werden, dass durch die Verformungen folgerichtig die notwendige vollständig elastische Einbettung auf das Dämmsystem, d.h. das Auflagern dieser Lastverteilungsschichten, in Anlehnung der vorliegenden Aufwölbungen, grundsätzlich fehlt.
Schwindverhalten findet sowohl ober- als auch unterseitig des Estrichs sehr unterschiedlich statt was zur Ursache hat, dass Spannungsdifferenzen in Form von Schüsselungen und Randabsenkungen und einhergehenden Rissbildungen unweigerlich entstehen können. Die einseitigen Hydratationen führen auch durch das Eigengewicht des Estrichs zu irreversiblen Formveränderungen, die auch nach der Trocknung bleiben. In der Folge der Randabsenkungen erfährt die Estrichkonstruktion ein Aufstrebungsverhalten raummittig, welches zunächst zu den Rissbildungen führte. Weiterhin führen die aus dem Schwinden eingeleiteten Spannungen zu weiteren Rissbildungen in der Estrichschicht.
Entscheidend einfliessende Faktoren sind die zeitlichen Intervalle zwischen dem Verlegen der Estrichschicht und der Applizierung der Fliesen/ Platten, da durch die Verklebung der, im Vergleich zum Estrich, starren Fliesen/ Platten ein differierendes Austrocknungsverhalten geschaffen wird, sodass bei einem zu frühen Verlegezeitpunkt der Fliesen/ Platten verstärkt Verformungen der Estrichschicht entstehen, die sich in Form der besagten Aufwölbungen zeigen.Zusammenfassend ist festzustellen, dass im gegenständlichen Fall nicht der nachgiebige Teil einer schwimmenden zementären Lastverteilungsschicht, nämlich das Dämmsystem, für die beschriebenen negativen Erscheinungsformen in Form von Schüsselungen, Randabsenkungen und Rissen verantwortlich zu machen ist, sondern auf die materialspezifischen Eigenarten des Zementes und die jeweiligen Zeiträume der Verklebung der Fliesen-/ Plattenmaterialien, sowie auf die Trocknungsverläufe zurückzuführen sind.
Die beschriebenen Erscheinungsbilder der besagten Flächen/ Konstruktionen sind in der Addition darauf zurückzuführen, weil
Verfasser dieses Fachbeitrags ist der EU-Zertifizierte Berufssachverständige Michael Grein