Farbabweichungen

Farbunterschiede bei Teppichbodenbelägen

Vorbemerkungen:
In einem Möbelhaus im Schwarzwald sollten im Zuge von Renovierungsmaßnahmen sämtliche Fußbodenbeläge erneuert werden. Das optische Gesamtbild in diesem renommierten Objekt stellt unweigerlich hohe Ansprüche dar, obgleich insbesondere ein neuer Teppichboden erheblich zu dem Gesamtbild der Ausstellungs- und Verkaufsräume beiträgt.
Die Wahl des Teppichbodens viel auf eine strapazierfähige Ware und ein optisch unempfindliches Material (Teppichboden velours, meliert mit Textilrücken).
Die Arbeiten wurden in einzelne Abschnitte unterteilt und nach und nach fertig gestellt. Die Mängel und Schäden an den neu verlegten Teppichböden blieben nicht aus, die Streitigkeiten landeten vor dem Gericht.

Vom zuständigen Gericht wurde der Verfasser letztlich als Gerichtsgutachter/ gerichtlich bestellter Sachverständiger für Raumausstattung/ Gutachter für das Raumausstatterhandwerk zugerufen um ein Sachverständigengutachten zu erstellen.

Es sollte Beweis erhoben werden über folgende zusammengefasste Fragen/ Behauptungen

A) etwaige Farbabweichungen bei dem vom Teppichverleger im Möbelhaus verlegten Teppichböden lägen im Toleranzbereich;

B) der gelieferte Teppichboden der im Möbelhaus verlegt sei, entspreche der DIN 18365 Teil C. Die farbliche Differenz liege im Bereich der Stufe 4 und sei demzufolge als warenspezifisch zu betrachten;

C) der gelieferte und verlegte graue Teppichboden im Möbelhaus weise im Bereich der Stöße (Kanten) der Teppiche unakzeptable Farbabweichungen auf;
würde die Auswechslung einer oder mehrerer Teppichbahnen erforderlich werden, wäre mit einem Aufwand von mindestens EUR 2.000,00 zu rechnen;

Allgemeine Angaben:

Es handelt sich um die besagten, grau melierten Teppichbodenbeläge im 1.OG des Einrichtungshauses. Die Verlegung und sämtliche Vorarbeiten erfolgten durch Subunternehmer, die seitens der Bodenleger/ des Bodenlegers beauftragt wurden.

Feststellungen anlässlich des Gutachtertermins:

Überprüft wurden ca. 1400qm Teppichboden mit Textilrücken, vollflächig verklebt verlegt auf einer Lastverteilungsschicht in 1 Ebene, 1.OG.

Die ermittelte klimatische Werte, gemessen mit kalibrierten messtechnischen Digitalgeräten (GANN Hydromette), kapazitive- und Di-Elektrodische Messungen, Fühlermessungen, Kontaktmethoden, digitalmikroskopische Messungen usw. waren als unauffällig zu beurteilen.

Die Teppichbodenbeläge weisen im Einzelnen folgende Schadens-/ Erscheinungsbilder auf:

1. Mehrfache (ca. 7-8) Nahtstoßübergänge weisen auf lange Nennmaßen sichtbar farblich differierende Nahtschnittbereiche auf.
2. Auf 2 langen Nennmaßbereichen bezogen auf die Gesamtwarenbreite der jeweiligen verlegten Teppichbodenware wurden Kopfschnitte/ Kopfstöße mit jeweiligen Farbdifferenzen konstatiert.
3. In einem stark einsehbaren Eingangs-/ Durchgangsbereich wurden Farbdifferenzen durch Teppichstückelungen der verlegten Ware mit der Breite von ca.0,50m über die dortige Gesamtbahnenlänge vorgefunden (ca. 8m Länge).
4. Farbabweichungen mehrfacher nebeneinander verlegten Teppichbodenbahnen (im Nahtbereich) nach Bewertung mit dem Graumaßstab. Ermittelte Werte von 2, 2/3 und 3 wurden festgestellt.

Zum Zeitpunkt des Gutachtertermins wiesen die hier in Rede stehenden Teppichbodenflächen erhebliche und unübliche Erscheinungsbilder auf.
Auf die bereits mehrfach genannten Kopfstöße/Nähte und Stückelungen, die vereinzelt offenen und unsauber geschnittenen Nahtbereiche, sowie die teilflächigen Farbdifferenzen wird hier diesbezüglich noch einmal hingewiesen.

Vorgaben nach VOB DIN 18365 Teil C Bodenbelagsarbeiten, den anerkannten Regeln des Fachs und dem aktuellen Stand der Technik/ Bautechnik wie folgt:

3.4. Verlegen von Bodenbelägen
3.4.4
Die Verlegerichtung des Bodenbelages bleibt dem Auftragnehmer überlassen.
Kopfnähte (quer zur Herstellungsrichtung laufende Nähte) sind nur bei Bahnenlängen über 5m zulässig, wobei eine Ansatzlänge von 1m nicht unterschritten werden darf.
Stückelungen dieser Bahnen und hintereinander gelegte Teppichlängen sind unzulässig.
3.4.6
Bahnen, die auf Türöffnungen, Nischen und dergleichen zulaufen, müssen so verlegt werden, dass diese Flächenbereiche überdeckt werden; solche Bodenflächen dürfen nicht mit Streifen belegt werden.
3.4.9
Textile Bodenbeläge in Bahnen sind, soweit dafür geeignet, an den Kanten zu schneiden und stumpf zu stoßen.
3.6.1
Sockel- u. Deckleisten sind materialentsprechend zu befestigen und an den Ecken und Stößen auf Gehrung zu schneiden.

Erläuterungen zum Graumaßstab:

Für die Prüfung zur Bewertung der Änderung der Farbe kann der Graumaßstab nach DIN 54001 herangezogen werden. Der 5stufige Graumaßstab besteht aus 5Paaren matter, grauer Gewebeabschnitte, die die Farbabstände veranschaulichen, die den Echtheitszahlen 1, 2, 3, 4, 5 und den Zwischenstufen 1/2, 2/3, 3/4 und 4/5 zugeordnet sind.
Der erste Abschnitt jeden Paares ist neutralgrau und der zweite Abschnitt des Paares, das die Echtheitszahl 5 veranschaulicht, ist identisch mit dem ersten Abschnitt. Die zweiten Abschnitte der übrigen Paare zeigen von 5 nach 1 zunehmend hellere Graustufen, so dass jedes Paar zunehmende Kontraste oder Farbabstände veranschaulicht, die farbmetrisch festgelegt sind.
Beim Bewerten der Änderung der Farbe wird auf die zu bewertenden Bereiche der Graumaßstab aufgelegt. Diejenige Stufe des Graumaßstabes, für die der Farbunterschied zwischen den zu bewertenden Bereichen am nächsten liegt, wird als Echtheitszahl bezeichnet. Die Echtheitszahl 5 wird nur dann gegeben, wenn keine Farbunterschiede der bewerteten Bereiche zu erkennen sind. Die Echtheitszahlen 4 sind eingestuft als fabrikationsbedingte und daher unvermeidbare Farbtonunterschiede.
Die Echtheitszahl 3 lässt einen gutachtlichen Ermessenspielraum frei im Zusammenhang damit, ob dieser Farbtonunterschied das Gesamtbild des Belages und den örtlichen Gegebenheiten erheblich beeinträchtigt.
Die Echtheitszahlen geringer als 3 (1, 1/2, 2 und 2/3) sind als nicht zulässig bezüglich Farbtonunterschied eingestuft.

Aussehen und Beurteilungsverfahren nach DIN 18365 Beck`scher VOB-Kommentar, Farbabweichungen:

Innerhalb eines Produktionsprozesses bezüglich der Teppichbodenherstellung kann es auch innerhalb der Anfertigung zu farblichen Veränderungen sowohl im Randbereich gegenüber den mittleren Teilflächenbereichen eines textilen Bodenbelages als auch am Anfang und am Ende einer Bodenbelagsrolle kommen, so dass geringe Farbtonabweichungen unvermeidlich sind.
Für den Auftragnehmer Bodenbelagarbeiten besteht die Prüfpflicht und Sorgfaltspflicht die Farbgleichheit soweit als möglich vor dem Auslegen der Ware zu prüfen.
Die Farbgleichheit der Bahnen ist am besten gewährleistet, wenn entsprechend der Fabrikationsfolge zugeschnittenen Rollen in dieser Schneidfolge verarbeitet werden. Die Nummer der Schneidfolge ist auf jeder Rolle deutlich erkennbar fixiert.
Bei Großflächenverlegungen ist es zweckmäßig, bei der Bestellung der Ware Grundrisszeichnungen beizufügen, in der die Vorgehensweise der Bahnenordnung eingezeichnet ist.
Die Hersteller haben nur so die Möglichkeit, die Bahnen so zuzuschneiden, dass die später verlegte Teppichboden-Liegefolge der Fabrikationsfolge entspricht. Der Auftragnehmer Bodenbelagarbeiten hat insbesondere beim Zuschnitt der Bahnenware darauf zu achten, dass die Fabrikations-Chargen in der Reihenfolge der Rollennummern verarbeitet werden.

Beantwortung des Gutachterauftrags/ der Gutachterfragen:

Beantwortung:
…„Die Echtheitszahl 3 der Graumaßstabbewertung lässt einen gutachtlichen Ermessenspielraum frei im Zusammenhang damit, ob dieser Farbtonunterschied das Gesamtbild des Belages und den örtlichen Gegebenheiten erheblich beeinträchtigt.
Die Echtheitszahlen geringer als 3 (1, 1/2, 2 und 2/3) sind als nicht zulässig bezüglich Farbtonabweichung einzustufen.“…
Zum Zeitpunkt des Gutachter-Ortstermins entsprachen die bereits mehrfach genannten Gegebenheiten in vollem Umfang dem allgemeinen Kundenfrequenzablauf des hier in Rede stehenden repräsentativen Einrichtungshauses. Es ist weiterhin ersichtlich, dass die gutachtlich vorgegebenen und fixierten Betrachtungsweisen mit den veranschaulichten Einflüssen übereinstimmen. Unter zwingender Beachtung und Einhaltung dieser Betrachtungsweisen zur Beurteilung der besagten Teppichbodenflächen, sowie der ortsüblichen Nutzungs- u. Lichtverhältnisse ist aus gutachtlicher Sicht und der konstatierten Sachverhalte von Echtheitszahlen in Teilflächenbereichen von 3 und niedriger als 3 festzustellen, dass die Farbtonabweichungen bezüglich einzelner Teilbereiche das Gesamtbild des Teppichbodenbelages und den örtlichen Gegebenheiten erheblich negativ beeinflussen und nicht im Toleranzbereich liegen.

Fortsetzung der Beantwortung:
Auf Grund der gutachtlichen Erkenntnisse vor Ort und der weitergeführten Überprüfungen von Original- u. Vergleichsmustern auf Basis der DIN 18365 Bodenbelagarbeiten bleibt festzuhalten, dass die produzierte und gelieferte unverlegte Ware der Teppichbodenbeläge der DIN 18365 Teil C entspricht.

Fortsetzung der Beantwortung:
Aussehen und Beurteilungsverfahren nach DIN 18365 Beck`scher VOB-Kommentar, Farbabweichungen:
Innerhalb eines Produktionsprozesses bezüglich der Teppichbodenherstellung kann es auch innerhalb der Anfertigung zu farblichen Veränderungen sowohl im Randbereich gegenüber den mittleren Teilflächenbereichen
eines textilen Bodenbelages als auch am Anfang und am Ende einer Bodenbelagsrolle kommen, so dass geringe Farbtonabweichungen unvermeidlich sind.

Für den Auftragnehmer Bodenbelagarbeiten besteht die Prüfpflicht und Sorgfaltspflicht die Farbgleichheit soweit als möglich vor dem Auslegen der Ware zu prüfen.
Die Farbgleichheit der Bahnen ist am besten gewährleistet, wenn entsprechend der Fabrikationsfolge zugeschnittenen Rollen in dieser Schneidfolge verarbeitet werden.“ …
Durch Zuschnitte des Auftragnehmers Bodenbelagarbeiten kann es also zu Farbdifferenzen der einzelnen Rollen untereinander kommen, wenn diese nicht entsprechend der Fabrikationsfolge zugeschnitten und verlegt werden, obwohl der unverlegte Teppichboden vor dem Zuschnitt und vor der Verlegung der Norm trotzdem entsprechen kann. Weiterhin sind Farbveränderungen/ Farbdifferenzen einzelner Bahnen und Rollen durch Zuschnitte in der Warenbreite möglich, diese sind im Zuge der Prüfpflicht vor der Verlegung auf Farb-differenzen zu überprüfen und gegebenenfalls zu sortieren.
Hinweis: Die Fabrikationsfolge ist auch aus dem Lieferschein der Fa. … zu entnehmen. Dort als Packstück bezeichnet und auf jeder einzelnen gelieferten Rolle markiert und somit dem Verleger offensichtlich und ersichtlich.
Die farblichen Differenzen der verlegten Ware wurden in Teilflächenbereiche den Echtheitszahlen 2, 2/3 und 3 zugeordnet. In Anlehnung an die mehrfach beschriebenen ört-lichen Gegebenheiten, der üblichen Betrachtungsweisen, sowie kundenfrequentierter Nutzungsverhältnisse und der örtlichen Lichtverhältnisse des repräsentativen Einrichtungshauses lie-gen die Farbdifferenzen in Teilbereichen nicht im Toleranz-bereich und sind nicht als warenspezifisch zu betrachten.

Fortsetzung der Beantwortung:
„…Für den Auftragnehmer Bodenbelagarbeiten besteht die Prüfpflicht und Sorgfaltspflicht die Farbgleichheit soweit als möglich vor dem Auslegen der Ware zu prüfen.
Die Farbgleichheit der Bahnen ist am besten gewährleistet, wenn entsprechend der Fabrikationsfolge zugeschnittenen Rollen in dieser Schneidfolge verarbeitet werden. Die Nummer der Schneidfolge ist auf jeder Rolle deutlich erkennbar fixiert.
Bei Großflächenverlegungen ist es zweckmäßig, bei der Bestellung der Ware Grundrisszeichnungen beizufügen, in der die vorgehensweise der Bahnenordnung eingezeichnet ist.
Die Hersteller haben nur so die Möglichkeit, die Bahnen so zuzuschneiden, dass die Liegefolge der Fabrikationsfolge entspricht. Der Auftragnehmer Bodenbelagarbeiten hat insbesondere beim Zuschnitt der Bahnenware darauf zu achten, dass die Fabrikationschargen in der Reihenfolge der Rollennummern verarbeitet werden.“…

Der gelieferte und verlegte Teppichboden im Möbelhaus mit konstatierten Echtheitszahlen nach Graumaßstabermittlung  weist in Teilflächenbereichen mehrfach unakzeptable Farbabweichungen auf langen Nennmaßbereichen auf.

Fortsetzung der Beantwortung:
Bei Nacherfüllungsarbeiten in Form von Austausch einzelner Teppichbahnen können weitere anwendungstechnische Problemstellungen auftreten. Nachlieferungen von Neuware führen unweigerlich zu weiteren Farbdifferenzen durch Chargen-Ungleichheit der bereits verlegten und den auszutauschenden Teppichbahnen. Farbunterschiede können aus gutachtlicher Sicht im Zuge der Nacherfüllung und Teilflächenaustausch nicht ausgeschlossen werden.
Eine Auswechslung der betroffenen Teilflächenbereiche (ca.200-240qm) erfordert einen Kostenaufwand
(ohne Teppichboden) von ca. EUR 3500,- bis 3800,-
Alle Arbeiten müssen in jeder Hinsicht der DIN 18365 Bodenbelagsarbeiten, den anerkannten Regeln des Fachs, dem aktuellen Stand der Technik entsprechen.